10.04.2020

Mitarbeitergrußwort zum Stiftungsjubiläum

Sehr geehrte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter,

am 10. April 1845 nahm der Diakon Lundt die ersten Zöglinge im Gehlsdorfer Rettungshaus auf – die ehemalige Büdnerei befand sich ungefähr beim heutigen Karstenhaus und bot anfangs zehn Jungen ein Dach über dem Kopf und eine neue Heimat. Auf den Tag genau ist das nun 175 Jahre her. - Grund Ihnen zu schreiben und zu gratulieren, denn Sie ganz persönlich haben Ihren Anteil an dieser langen Geschichte.

Wie sehr, das zeigt sich besonders in diesen Tagen und Wochen.
Sie sind rund um die Uhr im Michaelhof tätig. Sie haben im Michaelwerk neue Arbeitsplätze eingenommen.
Sie unterrichten mit hohem Engagement und vielen positiven Rückmeldungen digital vom heimischen Tisch aus.
Sie arbeiten umgeben von Ihren Kindern und sonstigen Verpflichtungen im homeoffice für die Verwaltung und den Geschäftsbetrieb.
Sie alle engagieren sich in diesen Tagen und Wochen in ganz besonderer Weise.

Das ist ein Segen – für alle, die auf unsere Begleitung angewiesen sind, für unsere Stiftung insgesamt.
Sie helfen aus Michaelschule und Michaelwerk im Michaelhof aus und gewinnen ganz neue Einblicke in bislang weniger bekannte Arbeitsfelder.
All das, damit die Bewohner, Betreuten, Klienten, Beschäftigten, Kinder und Jugendlichen auch in Zeiten der Pandemie bestmöglich begleitet, gefördert, unterstützt werden.  
Wir wachsen zusammen, über Geschäftsbereichsgrenzen hinweg – und das ist gut so.
Der Stiftungsclaim „Vielfalt ist unser Plus“ entfaltet aktuell eine ganz neue Präsenz und Energie.


So bringt die aktuell bedrohliche Lage auch Segen und Zukunft in unsere Gegenwart hinein.
Das ist ein großes Geschenk und ist nicht das erste Mal in unserer Stiftungsgeschichte so.
Am 5. Juni hätten wir uns von den krisenhaften Phasen unserer Stiftungsentwicklung ein Bild machen können – das muss nun warten.
Wir holen das ebenso nach, wie all die anderen Veranstaltungen, die derzeit dem Coronavirus und seinen Begleitumständen abgesagt werden mussten und müssen.

Zunächst gilt es, die krisenhafte Situation bestmöglich zu bewältigen. Und das verlangt uns nahezu übermenschliche Kräfte und ganz viel Durchhaltevermögen ab:
Da ist es nötig, eine verlässliche, professionell-medizinisch verantwortbare und dennoch warmherzige Versorgung und Begleitung unserer Bewohner sicherzustellen.
Da sind die sicherheitsrelevanten Bereiche im Michaelwerk aufrechtzuerhalten und die Bildungsaufträge im Geschäftsbereich Lernen zu erfüllen.
Unsere Wohngruppen sind auf personelle Unterstützung in den kommenden Wochen mehr denn je angewiesen.
Die Beschäftigten und Klienten daheim sollen unsere Unterstützung erfahren und die Verwaltungsaufgaben sollen und müssen klug und umsichtig gestaltet und erledigt werden.

All das können wir schaffen mit dem Vertrauen in Gott, der unsere Stiftung in den letzten 175 Jahren immer wieder durch begeisterte und herzensgute Menschen mit dem Nötigsten versorgt hat.
Wir können es bewältigen, wenn wir über den heutigen Karfreitag hinausschauen in das leuchtende Morgen, in das immer wieder neue Osterlicht.
Am Ende einer jeden Nacht steht ein neuer Morgen.
Wohl kaum ein anderer hat darauf so sehr vertraut wie Dietrich Bonhoeffer. Gestern vor 75 Jahren wurde er im Konzentrationslager Flossenbürg hingerichtet.
Doch wenige Tage zuvor hat er diese Worte der Zuversicht und Hoffnung zu Papier gebracht, die uns durch die Schwierigkeiten der kommenden Wochen und Monate hindurchleuchten können:

Von guten Mächten treu und still umgeben, behütet und getröstet wunderbar,
so will ich diese Tage mit euch leben und mit euch gehen in ein neues Jahr.
Noch will das Alte unsre Herzen quälen, noch rückt uns böser Tage schwer Last,
ach, Herr, gib unsern aufgescheuchten Seelen das Heil, für das du uns bereitet hast.
Und reichst du uns den schweren Kelch, den bittern des Leid, gefüllt bis an den höchsten Rand,
so nehmen wir ihn dankbar ohne Zittern aus deiner guten und geliebten Hand.
Doch willst du uns noch einmal Freude schenken an dieser Welt und ihrer Sonne Glanz,
dann wolln wir des Vergangenen gedenken und dann gehört dir unser Leben ganz.
Lass warm und still die Kerzen heute flammen, die du in unsre Dunkelheit gebracht,
führ, wenn es sein kann, wieder uns zusammen, wir wissen es, dein Licht scheint in der Nacht.
Wenn sich die Stille nun tief um uns breitet, so lass uns hören jenen vollen Klang
der Welt, die unsichtbar sich um uns weitet, all deiner Kinder hohen Lobgesang.
Von guten Mächten wunderbar geborgen, erwarten wir getrost, was kommen mag.
Gott ist bei uns am Abend und am Morgen und ganz gewiss an jedem neuen Tag.
[Dietrich Bonhoeffer, 1945[

Mögen uns obige Zeilen durch die kommenden stürmischen Zeiten begleiten und uns daran erinnern, wie wertvoll die Zuversicht ist und was Ostern wirklich bedeutet.
Zu guter Letzt nochmals eine herzliche Gratulation zum heutigen Jubiläum und nur noch dieser eine Bitte:
Bleiben Sie – bleiben wir alle – behütet.


Mit freundlichen Grüßen,
Ihr Pastor Jens-Uwe Goeritz

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